Ernst Barlach (1870 - 1938)
Schlafendes Bauernpaar (Schlafende Vagabunden), 1912
Böttgersteinzeug
27,5 x 43,5 x 30,2 cm
Inv.-Nr.: 89/49/P
1989 erworben von der Galerie am Schönhof
Foto: Kunstsammlung Neubrandenburg
Der expressionistische Bildhauer und Dramatiker aus Mecklenburg, Ernst Barlach, studierte u. a. bis 1895 Bildhauerei an der Königlichen Akademie der bildenden Künste zu Dresden. Trotz brillanter Beherrschung akademischer Formen des wilhelminischen Kunstgeschmacks, war er zu bewegt und innerlich erschüttert von der Widersprüchlichkeit menschlichen Daseins, um sich in seiner Kunstäußerung bestätigt zu fühlen. 1906 hatte Barlach eine schwere persönliche und künstlerische Krise. Er reiste für zwei Monate nach Russland und empfand diese Reise als Offenbarung: „Form - bloß Form? - Nein, die unerhörte Erkenntnis ging mir auf, die lautete: du darfst alles Deinige, das Äußere, das Innerste, Gebärde der Frömmigkeit und Gebärde der Wut, ohne Scheu wagen, denn für alles, heiße es höllisches Paradies oder paradiesische Hölle, gibt es einen Ausdruck ...“ (Ernst Barlach: Ein selbsterzähltes Leben, Verl. Paul Cassirer 1929)
Diese Russlandreise markiert einen neuen künstlerischen Beginn. Die Aufgabe des Plastischen sieht Ernst Barlach nun in der expressiven Steigerung. In seinem bildhauerischen Werk gibt es ausschließlich die menschliche Figur, die er auf die Grundformen menschlicher existenzieller Zustände reduzierte und somit entindividualisierte.
Das „Schlafende Bauernpaar“ entstand 1912, vermutlich nach Zeichnungen aus Russland. Die Komposition ist streng komponiert und verfügt über eine innere Monumentalität: Zwei völlig im Schlaf versunkene, schwer lastende menschliche Gestalten sitzen auf einem undifferenzierten Block. Aus diesem geschlossenen, zur linken Seite nach unten gewölbten Körper formen sich die Figuren in den Raum. Schwere Mäntel umschließen die Figuren. Nur leichte sanfte Schwünge deuten die Plastizität der Körper an. Barlach verzichtete auf eine detaillierte Ausformung. Hände und Gesichter sind dagegen fein ausgebildet. Die Plastik besteht aus Böttgersteinzeug, einem wertvollen Meißner Porzellan.
(Elke Pretzel)